Geschichte
Energiebedarfsdeckung
Nach wirtschaftlichen Kriterien können beim heutigen Energiepreis rund 35 Milliarden Tonnen (= 10 Milliarden Tonnen Steinkohleeinheiten/SKE) als gewinnbar eingestuft werden. Einschränkungen, welche die Gewinnbarkeit begrenzen, ergeben sich in Abhängigkeit von den jeweiligen energiepolitischen und landesplanerischen Prioritäten und durch die dichte Besiedlung. In den Tagebauen der RWE Power AG (Rheinbraun), Garzweiler, Inden und Hambach, sind rund 4,5 Milliarden Tonnen erfasst.
Es begann im Tertiär
Die Entstehung der rheinischen Braunkohle begann im Tertiär vor rund 35 Millionen Jahren mit dem Absinken eines Grabens zwischen der Aachener Kreideplatte im Nordwesten, dem Bergischen Land und den Vulkanen des Siebengebirges im Südosten, heute als Niederrheinische Bucht bekannt. Diese tektonische Senkungszone wurde mehrfach von der tertiären Nordsee bis an den südöstlichen Rand bei Bad Godesberg überflutet. Begünstigt durch subtropische Klimaverhältnisse, wie sie zur Zeit vergleichbar in Florida herrschen, und damit verbundene üppige Vegetation entstanden ausgedehnte Torfmoore, aus denen sich im Laufe der Erdgeschichte eine der größten Braunkohlenlagerstätte der Welt entwickelte. Die Torfmoore der sogenannten Hauptflözgruppe, bestehend aus den Flözen Morken, Frimmendorf und Garzweiler, entwickelten sich vor mehr als 20 Millionen Jahren und lebten 10 bis 12 Millionen Jahre. Die nur bei Eschweiler bauwürdigen Moore der Oberflözgruppe (Flöze Friesheim, Kirchberg und Schophoven) entstanden vor 7 bis 6 Millionen Jahren. Auch nach der Entstehung der Hauptflözmoore kam es immer wieder zur kurzzeitigen Bildung begrenzter Torfmoore.
Im Rheinland ist die Braunkohle in einer Mächtigkeit bis zu 100 m abgelagert. Durch mehrere Vorstöße des Nordmeeres wurde das Hauptflöz der Ville im Raum nördlich und westlich von Bergheim durch die Einlagerung sandiger und toniger Zwischenschichten in Teilflöze aufgespalten. Breite, flache Flüsse entwässerten das Hinterland durch die Moore und erodierten den abgelagerten Torf zum Teil bereits wieder. Auch sie hinterließen sandige und tonige Zwischenschichten in der Braunkohle.
Die Auswertung mehrerer tausend Bohrungen gibt Einblick in die erdgeschichtlichen Vorgänge der Entstehungszeit der Braunkohle, so dass der geologische Aufbau und die räumliche Ausdehnung der Lagerstätten heute im Wesentlichen bekannt sind. Durch tektonische Kräfte entstanden Brüche (Verwerfungen), entlang deren Bewegungsflächen das Hauptflöz vertikal zum Teil um mehrere hundert Meter verschoben wurde. Im Laufe der Jahrmillionen zerbrach die Niederrheinische Bucht ganz allmählich durch gewaltige Bewegungen in der Erdkruste. Die Bodenschichten wurden gesenkt oder gekippt und im Wesentlichen in vier große Bruchstücke unterteilt: Sie heißen Rur-, Erft-, Kölner- und Venloer Scholle.
Bei diesen Einbrüchen zerrissen auch die Braunkohlenflöze. Im Tagebau Bergheim zum Beispiel ist das Hauptflöz in eine sogenannte "Hohe" und in eine "Tiefe Scholle" aufgeteilt. Sie sind um bis zu 150 Meter gegeneinander versetzt. Im Ostteil des Tagebaus liegt die Kohle nur etwa 25 Meter unter der Geländeoberfläche. Dagegen müssen sich die Schaufelradbagger im Westteil rund 160 Meter tief vorarbeiten, ehe sie an die Kohle kommen.
"Berge versetzen"
Das rheinische Braunkohlenvorkommen dehnt sich im Raum Köln-Düsseldorf-Aachen über eine Fläche von 2500 Quadratkilometer aus.
Früher wurden hauptsächlich im Raum Brühl in vielen kleinen Tagebauen oberflächennahe Vorkommen abgebaut. Nach 1945 sind in den Abbaugebieten bei Bergheim, Jülich, Grevenbroich und Eschweiler großflächige tiefe Tagebaue eingerichtet worden. Sie zu gewinnen, heißt im wahrsten Sinne des Wortes "Berge zu versetzen". Das Deckgebirge über den Kohlenflözen, das stellenweise bis über 400 Meter mächtig ist, muss zur Förderung der Kohle abgetragen werden.
Am Anfang "Klütten"
Die jüngere Braunkohlengeschichte ist reich an vielfältigen und hervorragenden technischen Leistungen. Von der "Klüttenkaule", die der Pächter des Rodderhofes 1766 mit Hacke und Schaufel anlegen ließ, und den ersten an der Sonne getrockneten kopfgroßen ,,Klütten" bis zu den heutigen Tieftagebauen war ein weiter Weg. Erst nach der Jahrhundertwende, mit der Mechanisierung der Förderung, der maschinellen Herstellung des Braunkohlenbriketts und der Erzeugung von Strom auf Braunkohlenbasis, stieg der Rheinische Braunkohlenbergbau über den lokalen Bereich hinaus zu seiner heutigen Bedeutung als europäisches Energiezentrum auf.
Rasche Entwicklung
Durch die rasche Entwicklung im Jahre 1900 erreicht die gesamtdeutsche Braunkohlenförderung rund 40 Millionen Tonnen, wozu das Rheinische Revier mit einem Anteil von 5,1 Millionen Tonnen beitrug. Nach 1955 setzte eine rasche technische Entwicklung der Braunkohlenindustrie ein, deren wesentlichstes Merkmal in einer konsequenten Rationalisierung zu sehen ist. Sie hatte zur Folge, dass sich die Zahl der Tagebaue im Rheinland in den letzten 25 Jahren von 22 auf 3 Förderbetriebe (Tagebaue Hambach, Garzweiler und Inden) verminderte. Die Braunkohleförderung stieg im gleichen Zeitraum von 78 auf 92 Millionen Tonnen im Jahre 2000. Vom ersten Aufschluss bis Ende 2000 wurden im Rheinland über 6,4 Milliarden Tonnen Braunkohle gefördert.
Mit einer Gesamtförderung von rund 168 Millionen Tonnen/Jahr war die Bundesrepublik Deutschland 2000 der größte Braunkohleförderer der Welt.
Sicherer Vorrat
Mit der Braunkohle verfügt die Bundesrepublik Deutschland über einen Energieträger, der wesentliche energiepolitische Ansprüche erfüllt:
Sie kann kostengünstig gewonnen werden und ist in großen Mengen vorhanden, wodurch eine Versorgungssicherheit für viele Jahrzehnte gewährleistet wird.
Zur Erschließung weiterer Kohlenvorräte wurde im Herbst 1978 mit dem Aufschluss des Tagebaus Hambach nördlich von Düren begonnen, der 1984 die erste Kohle förderte. Die hier lagernden 2,5 Milliarden Tonnen Braunkohle sollen bis zum Jahr 2040 abgebaut sein. Der Tagebau Hambach erreicht zur Zeit eine Tiefe von rd. 350 Meter. Er wird nach dem Jahre 2020 eine Tiefe von 450 bis 470 Meter erreichen.
Chronik
Hier sehen Sie einen Schaufelradbagger im Tagebau Hambach.
1940 |
erste Planung der Rheinischen Braunkohletiefbau GmbH zur Kohlegewinnung, Tiefbau-Versuche in den 50er Jahren aus technischen Gründen eingestellt |
1974 |
Einleitung des landesplanerischen Verfahrens sowie des Betriebsplanverfahrens |
1977 |
Verbindlichkeitserklärung |
1978 |
Rahmenbetriebsplanzulassung |
1978 |
Aufschluss Tagebau Hambach |
1983 |
Inbetriebnahme der Abraumfernbandanlage |
1984 |
erste Kohleförderung |
1986 |
Beginn Innenkippe |
1988 |
Abschluss Umsiedlung Lich-Steinstraß |
1990 |
Fertigstellung Sophienhöhe |
1991 |
Inbetriebnahme des Schaufelradbaggers 292 |
1994 |
Inbetriebnahme des zusätzlichen Bunkeraufnahmegerätes 814 |
1995 |
Inbetriebnahme der Großgerätegruppe Bagger 293, Absetzer 761 |
1997 |
Integration der Tagebaue Fortuna/Garsdorf und Bergheim |
Blick in den Tagebau
Einen Blick in den Tagebau Hambach erhält man vom Aussichtspunkt am Nordrand auf der Höhe von Elsdorf-Esch. Man erreicht ihn, von Westen kommend, über die B 55. Ab der Abfahrt "Niederembt/Esch" ist der Aussichtspunkt ausgeschildert.
Am Aussichtspunkt erhält man nach Süden blickend einen Eindruck von der Größe des Tagebaus. Die Tagebauöffnung ist rund 30 km² groß. Insgesamt verrichten acht Schaufelradbagger und sieben Absetzer ihre Arbeit im Tagebau Hambach. Rund 100 km Bandstraßen verbinden über einen Bandsammelpunkt im Süden des Tagebaus die Bagger mit den Absetzer. Zur Verfüllung des Tagebaus Bergheim wird ein weiterer Absetzer über eine Fernbandanlage mit Abraum aus dem Tagebau Hambach versorgt.
Daten, Zahlen, Fakten
Stand Ende 2014
Größe des genehmigten Abbaufeldes(Braunkohlenplan) |
8.500 Hektar |
Betriebsfläche (Anfang 2016) |
4300 Hektar |
Kohleinhalt (ab Anfang 2016) |
1460 Mio. t |
Verhältnis Abraum zu Kohle (Gesamtlagerstätte) |
5,2 : 1 |
Jährliche Abraumleistung |
250 - 300 Mio. m³ |
Jährliche Kohlenförderung |
40 Mio. t |
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Schaufelradbagger |
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Anzahl der Geräte |
2 1 5 |
Kapazität (m³ / Tag) |
110.000 200.000 240.000 |
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Absetzer |
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Anzahl der Geräte |
1 6 |
Kapazität (m³ / Tag) |
150.000 240.000 |
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Bandanlagen |
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Gesamtlänge |
110 km |
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Rekultivierung | |
Landinanspruchnahme |
5784 ha |
Wiedernutzbarmachung |
1484 ha |
davon landwirtschaftlich | 14 ha |
davon forstwirtschaftlich | 1470 ha |
Rekultivierung
Im Herbst 1978 wurden die ersten Abraummassen aus dem Tagebau Hambach auf den nördlich angrenzenden Ackerflächen, sozusagen auf der grünen Wiese, verkippt. Seitdem sind dort rund 1,1 Milliarden Kubikmeter Sand, Kies und Ton untergebracht worden. Heute präsentiert sich die Sophienhöhe als respektabler Berg, der die flache Bördenlandschaft 200 Meter hoch und damit weithin sichtbar überragt. Längst hat die Rekultivierung des Tagebaus Hambach ehemaliges Betriebsgelände erreicht: RWE Power schüttet den ausgekohlten Bereich des Tagebaus bereits wieder auf und verlängert die Sophienhöhe nach Süden.
Große Teile sind auch dort schon für die Öffentlichkeit freigegeben, weitere folgen mit dem Fortschritt der Rekultivierung. Nach fast drei Jahrzehnten ist das Wegenetz auf rund 100 km angewachsen. Seit vielen Jahren sind die Sophienhöhe und der angrenzende Lindenberger Wald beliebte Ausflugsziele. Zahlreiche Tiere und Pflanzen haben die Sophienhöhe besiedelt, und eine sorgsame forstlich-ökologische Pflege fördert die Entwicklung einer naturnahen Flora und Fauna. Ein Besuch lohnt sich.
Wegen der Weitläufigkeit des Geländes wird Ausflüglern die kostenlose Wanderkarte der RWE Power AG empfohlen. Sie kann bei dem Unternehmen unter der Rufnummer 02428/95022010 oder bei der Gemeinde Niederzier unter der Emailadresse bauingenieurniederzierde angefordert werden.
Kontakt
Ort
Frau Barbara Schagen
Stellvertretende Abteilungsleitung
Raum 21 (Burggebäude)
Rathaus Niederzier
Rathausstraße 8
52382 Niederzier
Zeiten
Montag bis Freitag:
08:00 Uhr - 12:30 Uhr
Dienstag:
14:00 Uhr - 16:00 Uhr
Donnerstag:
14:00 Uhr - 18:00Uhr